Quelle: MultiMind
6/2000, S. 15 ff
von Karl
Nielsen
"Ein NLP-Trainer
sollte coachen k�nnen" Bericht �ber eine neue Art der
NLP-Trainer-Ausbildung
Ich
betrachte einen wesentlichen Teil von NLP-Ausbildungen sowie von
NLP-Firmentrainings und Leitungsaufgaben als Team-Coaching. In
NLP-Ausbildungen werden die Teilnehmer von einem NLP-Lehrtrainer dabei
unterst�tzt, mit NLP Spitzenleistungen zu erzielen. In Firmenseminaren
werden die Seminarteilnehmer von einem NLP-Trainer auf die gleiche Weise
unterst�tzt, und fortschrittliche F�hrungskr�fte praktizieren es ebenso
mit ihren Mitarbeitern in Firmen. Die Unterst�tzung beim Erreichen von
Spitzenleistungen bezeichne ich als Coaching. Deshalb sollte ein
NLP-Trainer coachen k�nnen.
Coaching – was ist
das?
Unter Coaching verstehe ich folgendes: Ein Coach
unterst�tzt einzelne oder mehrere Menschen dabei, ihre Ziele �kologisch
und erfolgreich zu erreichen.
Normalerweise erfolgt ein
Coachingprozess in den sieben Phasen, die von der European Coaching
Association e.V. (ECA) definiert sind1: 1. Beratung &
Vereinbarung 2. Zielbestimmung 3. Analyse des Ist-Zustandes 4.
Intervention & Realisierungsphase 5. Begleitende
Auswertung/Evaluation 6. Erfolgskontrolle 7.
Abschluss
Inzwischen haben sich neben dem klassischen Einzel-Coaching viele innovative
Coachingformen etabliert, so z.B.
Team-Coaching, Telefon-Coaching, Video-Coaching, Online-Coaching,
Outplacement-Coaching, Mobiles-Coaching, Anti-Burnout-Coaching
...
Allen Formen gemeinsam ist der respektvolle, seri�se, ethische
Umgang mit den Bed�rfnissen des Klienten. Seine Zielbeschreibung ist
entscheidend. Seine W�nsche stehen im Vordergrund. Der Klient bewertet den
Erfolg des Coachings. Der Coach gibt „nur“ Anregungen und unterst�tzt die
Entwicklung der Einsichten und F�higkeiten des Klienten mit dem Angebot
von bew�hrten, wirkungsvollen Coachingmethoden.
Die European
Coaching Association definiert Coaching als „… eine die Zukunft des
Klienten verwirklichende Beratung & Begleitung. Dieser auf
partnerschaftlicher Ebene stattfindende Entwicklungsprozess ... bef�higt
den Klienten, Visionen zu entwickeln, seine Ressourcen zu entdecken und
zielorientiert einzusetzen und schlie�lich individuelle L�sungen und
gew�nschte Ergebnisse im beruflichen und pers�nlichen Leben zu
realisieren. Dabei vollzieht der Klient (s)eine
Pers�nlichkeits-(Weiter-)Entwicklung, stellt seine Ver�nderung/Entwicklung
unter Beweis und verwirklicht die visionierten Ziele“.
Wesentlich
beim Coaching ist das offene, vertrauensvolle Klima zwischen Coach und
Klient (analoges Coachingwissen). Die Coachingmethoden (digitales
Coachingwissen) entfalten als Handwerkszeug ihre volle Wirksamkeit erst in
dieser Atmosph�re. Ein Coach ist daf�r zust�ndig, kompetent und sensibel
diesen Rahmen zu setzen und ihn mit dem Klienten gemeinsam auszubauen. Das
gilt f�r Coaching von Einzelpersonen genauso wie f�r Coaching von
Gruppen.
Wesentlich sind in erster Linie das Arbeitsklima und dann,
im zweiten Schritt, effektive Methoden zur erfolgreichen
Anwendung.
Der
F�hrungsstil: „Management by Coaching“
Auch im
Arbeitsleben h�ngt der Erfolg der Anwendung der arbeitsplatzspezifischen
Arbeitsmethode vom Arbeitsklima ab. Wenn das Arbeitsklima nicht stimmt,
entsteht negativer Stress statt Eustress, Burnout statt
Arbeitsbegeisterung, Misserfolg statt Flow, Konkurrenz statt Kooperation –
und es tauchen vielf�ltige Symptome auf, die H�chstleistungen
behindern.
Coaching kann deshalb auch als Management-Methode
betrachtet werden, mit der F�hrungskr�fte die Mitarbeiter, f�r die sie
zust�ndig sind, dabei unterst�tzen, in einer kooperativen
Arbeitsatmosph�re H�chstleistungen zu erzielen – das w�re dann „Management
by Coaching“. Diese Managementform wird inhaltlich schon lange vom
„Ein-Minuten-Manager“2 empfohlen.
Bedingt durch die Komplexit�t des
technischen Fortschritts sind wirtschaftliche Spitzenleistungen heute nur
noch in kooperativ arbeitenden Teams m�glich, die ihr Wissen gemeinsam
effektiv nutzen, und die in einer Coachingatmosph�re der gemeinsamen
Weiterentwicklung effizient zusammenarbeiten. Mit einem
rational-technokratischen oder hierarchischen F�hrungsstil ist das heute
nicht mehr m�glich. Es braucht gemeinsam entwickelte, tragf�hige Visionen,
eine intensive, gut funktionierende zwischenmenschliche Kommunikation,
effektives Wissensmanagement und F�hrungskr�fte mit psychosozialer
kommunikativer Kompetenz. Deshalb ist es f�r die Verwirklichung von
Spitzenleistungen im Business hilfreich, wenn F�hrungskr�fte in analogem
und digitalem Coachingwissen geschult sind, d.h. sowohl in psychosozialer
Kompetenz als auch in effektiven Kommunikationsmethoden. Dazu geh�ren auch
Selbsterfahrungsanteile und systemisches Denken. In den NLP-Ausbildungen
werden all diese F�higkeiten systematisch trainiert.
Coaching als
Bestandteil der NLP-Trainer-Ausbildung
Einen
NLP-Trainer betrachte ich als F�hrungskraft. Auch er sollte dazu in der
Lage sein, Menschen dabei zu unterst�tzen, in einer Coaching-Atmosph�re
H�chstleistungen zu erreichen.
In diesem Zusammenhang habe ich �ber
die Weiterentwicklung der Ausbildung zum NLP-Trainer nachgedacht. Sie
sollte auch f�r F�hrungskr�fte im Business ein Angebot sein, um das
bisherige Wissen aus den Ausbildungen zum NLP-Practitioner und NLP-Master
effektiv f�r F�hrungsaufgaben im Sinne von „Management by Coaching“
anzuwenden. Gleichzeitig sollte die Ausbildung auch eine
erfolgversprechende, kompetente Vorgehensweise f�r NLP-Trainer im Umgang
mit NLP-Ausbildungsgruppen und allen Arten von Trainigsgruppen erm�glichen
und daf�r effektive Grundhaltungen und Werkzeuge vermitteln.
Daraus
entstand die Idee, dass ein NLP-Trainer coachen k�nnen sollte – und die
Idee, eine Ausbildung zum NLP-Trainer mit einer Ausbildung zum Coach zu
verbinden.
NLP-Trainer stehen vor der Aufgabe, Einzelne und Gruppen
beim Erreichen angestrebter Spitzenleistungen zu unterst�tzen. Das
geschieht durch intensives Eingehen und F�rdern des Einzelnen und
gleichzeitig der gesamten Gruppe. Dazu geh�rt eine hohe kommunikative
Kompetenz, eine Menge Erfahrung und ein solides NLP-Handwerkszeug.
Ein guter NLP-Trainer macht das bei seinen
Firmentrainings genauso wie beim Unterrichten in den NLP-Ausbildungen. Bei
der Vermittlung von NLP-Methoden kommt hinzu, dass die meisten aus der
Ausbildung zum NLP-Practitioner und zum NLP-Master auch hervorragend als
Coachingmethoden anwendbar sind. In meinen Ausbildungslehrg�ngen
vermittle ich schon im Basisblock Kommunikation, den ersten sechs Tagen
der Practitioner-Ausbildung, rund 20 Schrittfolgen, die auch als Methoden
zum Coaching erfolgreich einsetzbar sind. Beispiele sind: „War das die
Absicht deiner Kommunikation?“, Umgang mit Kritik, 1.2.3. Position, SMART,
SCORE, Logische Ebenen, New Behavior Generator usw. In der gesamten
Practitioner-Ausbildung werden �ber 50 solcher mit NLP optimierten
Schrittfolgen vermittelt, von denen die meisten auch als Coachingmethoden
anwendbar sind.3
Die Bausteine
der kombinierten Ausbildung zum NLP-Trainer und Coach
Aus oben
genannten Gr�nden habe ich in Zusammenarbeit mit 10 Berliner
NLP-Lehrtrainern eine Ausbildung entwickelt, die sowohl zum NLP-Trainer (DVNLP) qualifiziert als auch zum Coach oder
NLP-Coach. Diese Ausbildung
erf�llt die Anforderungen der DVNLP-Richtlinien f�r die Ausbildung zum
NLP-Trainer und integriert zus�tzlich 6 Tage Spezialtraining Coaching
sowie supervidierte Einzel-Coaching- und Team-Coachingsitzungen. Jedes
Wochenende hat ein anderes Schwerpunktthema, das sowohl Trainer- als auch
Coachingwissen beinhaltet, das sich auf vielf�ltige Weise gegenseitig
ber�hrt und bereichert. Im Folgenden gehe ich auf die wichtigsten
Bausteine innerhalb und au�erhalb der Seminartage ein:
Open
Space und Wissensmanagement werden eingesetzt, damit die
Teilnehmer ihre vorhandenen Ressourcen und Interessen kennen lernen und
daraus erste gemeinsame Aktionen entstehen. Die Teilnehmer wenden diese
Methoden auf sich selbst als Ausbildungsgruppe an und lernen dabei die
Grundz�ge der Anwendbarkeit dieser Methoden f�r ihre eigene
Trainingspraxis. Beim ersten Seminardurchgang war das Thema „Wie finde ich
meine Kunden“ ein besonderes Highlight. Daraus entwickelte sich dann eine
selbstorganisierte Arbeitsgruppe und eine eMail-Diskussionsliste.
Das Trainerprofil wird mit
Video-Feedback und Blitz-Coaching herausgearbeitet. Jeder Teilnehmer
erkl�rt seine Mission und Vision und bekommt Feedback zu seinem
Demoverhalten. Gegenstand dieses Abschnittes ist die Entscheidung f�r den
Inhalt und die Form des selbstorganisierten eint�gigen
Seminars.
Einzel-Coaching hat erfolgversprechende Regeln.
Vereinbarungen sind zu treffen, und es ist zu kl�ren, welche Methoden aus
der NLP-Practitioner- und -Master-Ausbildung auch im Coaching angewendet
werden k�nnen. Wesentlich ist auch die Grundhaltung des Coaches im
Coachingprozess und der Umgang mit typischen Herausforderungen. So sind
z.B. systemische �bertragungen eines Konfliktthemas auf die
Coachingsituation besonders gut nutzbar, wenn es dem Coach gelingt, solche
�bertragungen transparent zu machen.
Sekund�rprozesse sind
in der Prozessarbeit von Arnold Mindell4 das zentrale Thema. Ein Trainer
und Coach braucht bei seiner Arbeit die Kenntnis vom Umgang mit
Doppelsignalen, Grenzw�chtern, Rang und Geisterrollen. Dieses Wissen l�sst
sich effektiv bei Konflikten in Gruppen einsetzen, sei es in den eigenen
Trainings oder sei es, dass Coachingklienten als Opfer solcher
Gruppenkonflikte sich professionelle Unterst�tzung durch Coaching
holen.
F�hrungskr�fte-Coaching enth�lt einerseits den Aspekt,
dass F�hrungskr�ften in ihrem Arbeitszusammenhang oft ein f�r sie
verstehbares Korrektiv f�r ihr Verhalten fehlt, und andererseits die
Herausforderung, ein Team von F�hrungskr�ften im Team-Coaching dabei zu
unterst�tzen, H�chstleistungen zu erreichen.
Richard Bandlers
Nested Loops ist eine Methode, um optimale Lernspannung in einer
Gruppe zu erzeugen. Speziell die Anzahl der offen gehaltenen Loops und die
Reihenfolge der �ffnung und Schlie�ung sind von besonderer Bedeutung. Ohne
offene Loops entsteht kein gro�es Interesse, und bei zu vielen offenen
Loops entsteht Verwirrung.
Die Graves-Kategorien von Clare
W. Graves5 sind eine wunderbare M�glichkeit, mit Einzelnen oder Gruppen
systematisch Rapport auf der Werteebene zu entwickeln. Diese Technik kann
genutzt werden als effektives Diagnoseinstrument, beim Coaching, als
Pr�sentationstechnik und als Methode f�r
Organisationsentwicklung.
Suggestop�die hilft dabei, die
Lernatmosph�re leicht und angenehm zu gestalten. Die Grundz�ge dieses
Wissens sind f�r lebendige, lustvolle Seminare von hoher
Bedeutung.
Genius-Strategien erweitern die Flexibilit�t von
Trainern und Coaches und kn�pfen an den Wurzeln der NLP-Entwicklung
an.
John Grinders Pr�sentationsdesign und die Nutzung von
Metaphern ist f�r NLP-Trainer die NLP-Grundlage f�r erfolgreich geframte
und durchgef�hrte NLP-Pr�sentationen.
Die Delphin-Strategien
von Dudley Lynch6 bef�higen NLP-Trainer und Coaches, Ziele elegant zu
erreichen und Konflikte im Win-Win-Stil aufzul�sen.
Damit der hohe
Anspruch dieser Doppelqualifikation zum NLP-Trainer und Coach eingel�st
werden kann, gibt es, zus�tzlich zu den 24 Seminartagen, f�r die
Teilnehmer als weitere fachliche Herausforderungen selbstverpflichtende
Aktionsberichte, aktive, passive und reale Einzel-Coachings,
F�hrungskr�fte-Coachings und ein selbstorganisiertes Seminar.
Nach
jedem Seminar schreibt jeder Teilnehmer einen Aktionsbericht, aus dem
hervorgeht, was f�r ihn besonders wichtig war, welche Impulse er
weiterverfolgen wird, was er wie in seiner Trainer- oder Coachpraxis
einsetzen wird und was er deshalb wie genau bis wann SMART tun wird. Diese
begleitenden selbstverpflichtenden Aktionsberichte sind die Form des
schriftlichen Testing.
Im Verlauf der Ausbildung coacht jeder
Teilnehmer viermal einen anderen Teilnehmer. Zu jedem dieser aktiven und
passiven Coachings schreibt er ein Feedback als Grundlage f�r die
begleitende Supervision. Au�erdem coacht jeder Teilnehmer auch mehrfach
reale Klienten und bekommt auch dazu Supervision.
F�r das
F�hrungskr�fte-Coaching gibt es spezielle Arbeitsgruppen, in denen die
Teilnehmer die Rollen von F�hrungskr�ften einnehmen. Sie �ben sich dabei
im Positionenwechsel und im Teamcoaching und bearbeiten herausfordernde
Situationen. Auch dazu gibt es Supervision.
Als weitere
seminarbegleitende Aufgabe organisiert jeder Teilnehmer, den
DVNLP-Trainer-Richtlinien entsprechend, ein reales Seminar, das er im
Laufe seiner Ausbildung unter Supervision plant, durchf�hrt und
auswertet.
Ausblick
NLP und die
NLP-Ausbildungen sind – und das bleiben sie auch hoffentlich – ein
best�ndiges Weiterentwicklungsprojekt. Ein Projekt, in das immer wieder
neue Erkenntnisse und Methoden integriert werden. Ein Projekt, das sich an
der effizienten Praxiswirksamkeit und dem Praxisbedarf �kologisch
orientiert. Ein Projekt, das seinen Beitrag dazu leistet, alle Menschen
dabei zu unterst�tzen, eine Welt zu erschaffen, zu der jeder gerne
dazugeh�rt und in der jeder sein Wesen positiv �kologisch optimal
entfalten kann.
In diesem Sinne pl�diere ich daf�r, als kleinen
Baustein der NLP-Weiterentwicklung die Ausbildung zum NLP-Trainer durch
eine integrierte Coachausbildung zu bereichern.
Anmerkungen:
1.
www.eca-online.de 2 Blanchard, Kenneth; Johnson, Spencer:
Ein-Minuten-Manager. Rowohlt, Reinbek 1983. 3 Die Schrittfolgen, die
f�r die NLP-Ausbildung zum NLP-Practitioner und zum NLP-Master aufgrund
der DVNLP-Zertifizierungsrichtlinien wesentlich sind, habe ich zum
kostenlosen Herunterladen auf meiner Webseite unter www.NLP-Nielsen.de/nlptext.htm
stehen. Dieser Service auf meiner Webseite ist auch eine Einladung zur
Diskussion der Erfahrungen mit der Anwendung der NLP-Werkzeuge. 4
Mindell, Arnold: Der Weg durch den Sturm. Verlag Via Nova, Boltersen
1997. 5 Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C.: Spiral Dynamics.
Blackwell Publishers Ltd, Cambridge 1996. 6 Lynch, Dudley; Kordis,
Paul: Delphin-Strategien. Paidia Verlag, Fulda 1991.
�ber den
Autor:
Karl Nielsen
(Karl@NLP-Nielsen.de), geb. 1950, ist
Dipl.-Psych., Dipl.-Soz., DVNLP-Lehrtrainer, ECA-lizenzierter Coach und
Leiter des NLP-Instituts f�r KommunikationsTraining Berlin. Er arbeitet
zur Zeit an einem Buch �ber die Anwendungsm�glichkeiten von NLP-Techniken
in normalen Gespr�chssituationen.
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